Quelle: Westdeutsche
Zeitung vom 04. Juni 2007
Für
18 Minuten durften sich der WSV und seine Fans als Aufsteiger in die 2.
Liga fühlen.
Am Ende verlor der Wuppertaler SV aber mit 2:4 gegen
Emden.
Wuppertal. Diesen
Fußballkrimi werden die Fans des Wuppertaler SV so schnell nicht
vergessen. Insgesamt 18 Spielminuten lang durften sich die knapp 8000
Wuppertaler Fans im Stadion am Zoo als Aufsteiger in die 2. Liga
fühlen. Am Ende verlor der WSV mit 2:4 gegen Emden und gejubelt
wurde
in Osnabrück.
Um 14.44 Uhr verwandelte Kapitän Mike Rietpietsch
das Stadion am Zoo zum ersten Mal in ein Tollhaus, als er den WSV in
Führung brachte. Das große Kribbeln konnte beginnen.
So auch
bei Claudia Dammasch, die etwas abseits der Stehränge Platz
genommen
hatte. „Ich habe meinen Mann in die Menge geschickt. Mein Sohn lebt
zwar in Osnabrück und ist dort auch im Stadion, aber ich habe mein
Handy vergessen." Auch Jörg Passlat witterte in der Halbzeitpause
Morgenluft.
„Ich war in dieser Saison nur beim Pokalsieg
gegen Velbert im Stadion. Da dachte ich mir, dass ist ein gutes Omen",
meinte der 43-Jährige. Die Achterbahn der Gefühle nahm Tempo
auf, als
Emden um 15.09 Uhr den Ausgleichstreffer erzielte.
Entsetzen
auf der Tribüne, weil die Konkurrenz in Magdeburg und
Osnabrück nun
wieder vorne lag. Es folgten zwei Minuten, die wohl in die
WSV-Geschichte eingehen dürften. Zunächst verbreitete sich
wie ein
Lauffeuer die Nachricht, dass nach Osnabrück nun auch Magdeburg
mit 0:1
zurück lag.
Fast zeitgleich erzielte Tobias Damm den Treffer
zum 2:1 für den WSV. Die 2. Liga war zum Greifen nahe. Jubelnd
lagen
sich die Anhänger des WSV in den Armen und stimmten „St. Pauli,
St.
Pauli-Rufe" an. Diese Botschaft verstanden die Spieler unten auf dem
grünen Rasen.
„Jetzt läuft alles in die richtige Richtung",
frohlockte Hans-Joachim Bender, der zuvor 40 Minuten für eine Limo
für
seinen Sohn angestanden hatte und fragte: „Wie soll das bei vollen
Rängen gegen Köln oder Mönchengladbach aussehen?"
Diese Frage
stellte sich nach dem Treffer zum 2:2 um 15.26 Uhr nicht mehr.
Atemloses Schweigen auf der Tribüne. Dann mobilisierten die Fans
noch
einmal die letzten Kräfte, es fehlte nur ein Tor.
Das fiel um
15.42 Uhr, doch Michael Stuckmann traf den eigenen Kasten. „Schade.
Nächste Saison wird es bestimmt schwerer", warf Wolfgang
Büscher schon
einen Blick in die Zukunft. Es war 15.44 Uhr.
Da bejubelten
die Ostfriesen ihren Treffer zum 4:2. In der gleichen Minute gelang
Osnabrück 150 Kilometer entfernt der entscheidende Treffer zum 2:1
gegen Ahlen. Viele WSV-Anhänger hatten sich längst auf den
Heimweg
gemacht.
Fan-Stimmen
Marc Ostendorff (vor
dem Spiel): „Nee, das wird heute nix. Eigentlich bin ich nur aus
Neugier und wegen des schönen Wetters gekommen."
Mike Beekmann
(nach dem 2:1 für den WSV): „Einmal Glück haben, nur einmal
Glück
haben. Der Zwangsabstieg, dann die Oberliga-Saison, als wir schon
aufgestiegen waren, bis Leverkusen in der 93. Minute ein Tor macht. Das
muss doch mal aufhören." Das tat es dann leider nicht.
Frank
Kipker war trotz der 8000 Zuschauer etwas von der Unterstützung
für den
WSV enttäuscht. „Da kommt immer nur dann richtig etwas, wenn der
WSV
vorne liegt." Er wurde bestätigt, als nach dem 2:3 die Zuschauer
in
Scharen das Stadion am Zoo verließen.
Wolfgang Büscher (nach dem Spiel): „Ach, ganz ehrlich,
eigentlich habe ich auch nicht wirklich damit gerechnet."
Amyntas
Tzanos: „Mein Herz tut weh." Der Wuppertaler Grieche lebt seit 47
Jahren in Deutschland und ist seitdem auch Fan des WSV. Zum
entscheidenden Spiel hatte er seine Tochter Anastasia als
Glücksbringer
mitgebracht.